Hörgeräteanpassung

Ablauf einer Hörgeräteanpassung: So gelingt ein natürlicher Höreindruck

In diesem Beitrag erfahren Hörgeräteträger sowie ihre Angehörigen, welche Überlegungen und Anwendungen zu einer optimalen Hörversorgung führen und wie mögliche Probleme bei der Hörgeräteanpassung gemeistert werden können. Fest steht: Der Weg zum richtigen Hörgerät braucht Fachkompetenz, Fingerspitzengefühl und einen motivierten Hörgeräteträger.

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Verständnis: Basis für gutes Hören

Grundvoraussetzung für eine optimale Hörversorgung ist, die persönlichen Bedürfnisse und Gewohnheiten des Hörgeräteträgers zu verstehen. Dem folgen Einfühlungsvermögen und Präzision des Hörakustikers. Folgende Fragen helfen bei der Analyse, welches Hörsystem die betroffene Person benötigt und mit welchem sie sich wohlfühlen kann:

  • Welchen Lebensstil führt die betroffene Person?
  • Welche persönlichen Gewohnheiten pflegt er oder sie?
  • Welchen Beruf übt der Hörgeräteträger aus?
  • Wie ist der Umgebungslärm am Arbeitsplatz?
  • Handelt es sich um das erste Hörgerät oder gibt es bereits persönliche Erfahrungen? Wenn ja, waren diese positiv oder negativ?

Darüber hinaus stellt die Fähigkeit, mit neuen Technologien umgehen zu können, ein weiteres Auswahlkriterium dar. Jüngere Personen sind mit Smartphone, Apps und Co. meistens gut vertraut. Zudem lernen sie schnell und besitzen die nötige Fingerfertigkeit im Umgang mit kleinen Geräten. Das nimmt bei Menschen im hohen Alter tendenziell ab. Daher sind Hörgerätemodelle mit durchschnittlichem Funktionsumfang womöglich besser für sie geeignet.

Ton- und Sprachaudiogramm: Aufschluss über Hörvermögen und Sprachverstehen

Ebenso wie die persönlichen Bedürfnisse sind das Ton- und Sprachaudiogramm grundlegende Bestandteile einer erfolgreichen Hörgeräteanpassung. Sie geben nicht nur über die Hörfähigkeit Aufschluss, sondern auch über das Sprachverständnis der jeweiligen Person.

Das Tonaudiogramm misst das Hörvermögen. Dabei geben Tonhöhen bzw. Frequenzen (Hz), in Verbindung mit dem Schalldruckpegel (dB), Auskunft über den Grad und die Art der Hörminderung. Außerdem zeigt es die untere Hörschwelle – sprich, ab welchem Frequenzbereich und Schalldruck das Hören beginnt. Eine Hörminderung kann je Ohr unterschiedlich oder lediglich einseitig sein und erfordert eine dementsprechende Anpassung des Hörsystems.

Demgegenüber zeigt das Sprachaudiogramm, ob die Testperson die mehrsilbigen Wörter – die in einer bestimmten Lautstärke vorgesprochen werden – versteht und korrekt wiedergibt. Die erzielte Verständnisquote wird in drei Verständnisschwellen unterteilt und anschließend ermittelt, wie weit das Sprachverständnis von einem 100-prozentigen Verständnisniveau abweicht. Auf Basis der beiden Audiogramme und auf Basis des persönlichen Lebensstils kann nun das Modell und die Bauform des Hörsystems gewählt und feinjustiert werden.

 

Feinanpassung: Natürlicher Höreindruck durch „Natural Fitting“

Jeder Mensch nimmt Geräusche, Töne, Sprache und Lautstärke unterschiedlich wahr. Das patentierte Anpassungsverfahren Natural Fitting bezieht diese sogenannte Psychoakustik in Form von speziell entwickelten Testtönen in die Hörgeräteanpassung mit ein. Konkret werden die vom Hörgerät verstärkten Frequenzbereiche an die subjektive Klang- und Lautstärkenwahrnehmung der betroffenen Person angepasst. Zudem kompensiert es verzerrende Klangeffekte und stellt sicher, dass sämtliche Frequenzbereiche als gleich laut wahrgenommen werden. Dies erzeugt eine reale und natürliche Hörversorgung, die dem ganz persönlichen Hörempfinden entspricht.

 

Welche Probleme können bei der Hörgeräteanpassung auftreten?

  • Unnatürliche Lautheitswahrnehmung

Es kann zu dem Effekt kommen, dass die vom Hörgerät verstärkten Frequenzen vom Träger als „unnatürlich“ oder „zu laut“ wahrgenommen werden. Die gewohnte Umgebung oder die eigene Stimme können blechern klingen, das klarerweise als unangenehm empfunden wird. Ein natürliches Lautstärkeempfinden kann ggf. durch eine breitere Frequenzaufteilung der Signalenergie erzielt werden. Warum? Weil sich auch im Alltag Umgebungsgeräusche, Sprache oder Musik auf einen breiteren Frequenzbereich verteilen. Hierfür sind zum einen die Fachkompetenz und das Fingerspitzengefühl des Hörakustikers gefragt, zum anderen spielen auch die Geduld und Motivation des Betroffenen eine wichtige Rolle. Denn ein tägliches Tragen des Hörgerätes fördert nicht nur den gewünschten Hörkomfort, sondern stellt auch ein wichtiges Gehörtraining für die Hörnerven und die Gehirnsynapsen dar.

  • Lautheitsausgleich (Recruitment)

Auch einem Schwerhörigen kann es zu laut werden. Personen, die glauben, ein Schwerhöriger sei gegenüber lautem Schall unempfindlich und man müsse diesen besonders laut ansprechen, ernten häufig verblüfft die Frage: „Warum schreist du denn so?“

Der Grund dafür liegt an den äußeren Haarsinneszellen des Innenohrs: Diese verstärken von Natur aus leise Schallquellen und dämpfen laute Töne oder Geräusche. Diesen regulierenden Vorgang nennt man Lautheitsausgleich. Sind diese äußeren Haarsinneszellen nicht mehr intakt oder aufgrund einer Innenohrerkrankung abgestorben, funktioniert auch die „Dämpfung“ von lauten Schallereignissen nicht mehr. Folglich erreicht ein Schwerhöriger seine Unbehaglichkeitsschwelle schneller als ein Normalhörender. In der Regel wird diese Lautstärkenempfindlichkeit beim Hörtest gemessen, da sie eben auf eine Schwerhörigkeit hindeuten kann. Zusätzlich ermöglichen spezielle Recruitment-Tests, den individuellen Lautheitsausgleich festzustellen und bei der Hörgeräteanpassung entsprechend zu integrieren.

Wie oft Hörgeräte eingestellt und nachjustiert werden müssen, hängt von den Bedürfnissen und Umständen des Hörgeräteträgers ab, wobei ein genereller Servicecheck beim Hörakustiker alle drei bis sechs Monate empfohlen wird.

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